Protokollierung der Einsinktiefen bei Warmdachkonstruktionen mit Mineralfaserdämmplatten
Ein Photovoltaikunternehmen war mit der Erstellung einer aufgeständerten ballastierten Photovoltaikanlage auf zwei Hallendächern beauftragt.

Übersicht PV Anlage
Zehn Monteure waren vier Wochen mit den Montagearbeiten der ca. 3.400 Module samt Unterkonstruktion und Zubehör beschäftigt. Bereits am ersten Arbeitstag wurden Schäden an der Dachabdichtung verursacht. Zunächst durch unsachgemäße Lagerung der Ballastelemente, später durch häufiges Begehen immergleicher Pfade ohne Maßnahmen zum Schutz des Dachaufbaus. Nach Beendigung der Montage war die Abdichtung mehrfach perforiert, provisorisch abgedichtet und die Dämmplatten massiv geschädigt.
In der Angebotsphase der PV-Anlage hatten Mitarbeiter des PV-Unternehmens die Dachflächen zur Projektierung besichtigt und den Belegungsplan erstellt. Ohne konkrete Erkundigungen einzuholen wurde vom Vorhandensein eines druckfesten geschäumten Dämmstoffes ausgegangen. Durch die unzureichende Prüfung der Unterkonstruktion ist das PV-Unternehmen seinen Verpflichtungen als Planer der Anlage gemäß ÖNORM M 7778 Ausgabe:2011-04-15 – Montageplanung und Montage von thermischen Solarkollektoren und Photovoltaikmodulen – nicht nachgekommen. In dieser ÖNORM ist klar definiert, dass die Funktionsfähigkeit des Daches sichergestellt sein muss, Ballastelemente die Dachabdichtung nicht beschädigen und die Funktionstüchtigkeit nicht einschränken dürfen.
Bei den Dachflächen der im Jahr 2012 erstellten Halle kam es im Zuge der Materiallagerung und der Montagearbeiten der PV-Anlage zu Perforationen der Abdichtungsbahnen durch durchgetretene Linearbefestigungen und zu starken Stauchungen der Mineralfaserdämmplatten.

Hervorstehende Schraubenköpfe
Während den Montagearbeiten wurden die mechanischen Beschädigungen der Abdichtung provisorisch vom Bauwerksabdichter abgedichtet.
Bei den Flachdächern handelt es sich um zwei aneinandergebaute Hallendächer der Baujahre 2012 und 2017 mit einer Gesamtdachfläche von ca. 9.000m². Der Schichtenaufbau der Dachkonstruktion ist bis auf die Abdichtung identisch. Auf der im Jahr 2012 errichteten Halle wurde eine EPDM-Kunststoffabdichtungsbahn mit einer Stärke von 1,3 mm verwendet, welche die Mindestanforderung der damals geltenden ON B 7220: 2002-07-01 erfüllt. Maßnahmen zur Verlängerung der geplanten Nutzungsdauer wie die Erhöhung der Nenndicke der Kunststoffabdichtungsbahnen wurden nicht realisiert.
Auf der im Jahr 2017 errichteten Halle wurde eine FPO-Kunststoffabdichtungsbahn mit einer Stärke von 1,8mm verwendet, welche die Mindestanforderung der ON B3691: 2012-12-01 für ein ungenutztes Dach der Kategorie K2 erfüllt, da keine Zusatzmaßnahmen realisiert wurden. Die Verarbeitung beider Abdichtungssysteme wurde handwerklich korrekt ausgeführt. Bei beiden Dachflächen wurden die Abdichtungsbahnen lose verlegt und mechanisch im Saumbereich mit laut Herstellerdeklaration trittsicheren Befestigungselementen befestigt.
Neben des Aspekt einer faktischen Nutzungsänderung gab bei diesem Objekt eine Vielzahl an konstruktiven Besonderheiten, nichtrealisierten Normvorgaben und kommunikativen Eigenarten, welche juristische Fragen aufwerfen, wie tiefgehend die Prüfung der Konstruktion durch Folgeunternehmen zu erfolgen hat auf sich eine Schadensquotelung auswirken.
Die Unterlage der Abdichtungen besteht aus Mineralfaserdämmplatten, überwiegend mit einer Druckspannung bei 10% Stauchung von ≥ 70 kPa und einer Punktlast bei 5mm Stauchung von ≥ 1000 N. Die Dämmplatte mit der höchsten Druckfestigkeit, welche vom Hersteller explizit unter Wartungswege und PV-Anlagen deklariert wird, kam bei beiden Hallen nicht zum Einsatz.
Mineralwolldämmschichten bringen aufgrund ihrer technischen Eigenschaften für einige Anwendungsbereiche Vorteile, sind aber nur begrenzt druckstabil. Da das Dämmstoffgerüst aus sehr vielen kleinen, für sich genommen wenig stabilen Fasern besteht, ist bei einer Zerstörung dieser Einzelfasern oder der Verbindungen untereinander die ursprüngliche Druckbelastbarkeit nicht mehr gegeben. Da bei jeder stärkeren Druckbelastung Fasern und Verbindungen brechen oder sich eine teilweise irreversible Verschiebung und Verdichtung der Faserstruktur ergibt, ist die Anzahl an aufnehmbaren Druckbelastungen bei diesem Dämmstoff begrenzt. Dieser Umstand bezieht sich vor allem auf dynamische Punktlasten wie das Begehen.
Der Schutz von Mineralfaserdämmplatten vor zu hoher und oder zu häufiger Druckbelastung beginnt bei der Planung und Erstellung des Dachaufbaus. Bei der Verlegung von Mineralwolldämmschichten und Aufbringung und Ausfertigung weiterer Schichten, sind Maßnahmen zur Minderung der mechanischen Beanspruchung zu treffen. Diese Forderung bezieht sich zunächst auf das Gewerk, das die Mineralwolle verlegt: den Bauwerksabdichter.
Da in diesem Fall kein Nachweis über das Ausmaß von Vorschädigungen erbracht werden konnte, war es nicht möglich den Anteil der zusätzlichen Schädigung anhand von gesicherten Belegen zu definieren und zuzuordnen.
Vor allen Folgegewerken ist die Notwendig von Maßnahmen zur Minderung der mechanischen Beanspruchung klar zu machen, weil diesen die Eigenschaften der Dämmung und die Belastbarkeitsgrenzen nicht unbedingt bekannt sein müssen. Das betrifft zunächst alle Gewerke, die mit der Herstellung der Dachfläche selbst befasst sind, z. B. Dachbegrüner und Blitzschutzverleger. Außerdem müssen auch Folgegewerke wie Lüftungsbauer und Solarmonteure dem nur begrenzt druckbelastbaren Dämmstoff durch lastverteilende Schichten Rechnung tragen.
Bei Mineralwolldämmstoffen gilt daher folgende Empfehlung: Bei Abnahmen und vor Arbeitsbeginn anderer Gewerke sollten die Einsinktiefen protokolliert werden!

Messung der Einsinktiefe
Bei Abnahmen und vor dem Beginn der Arbeiten anderer Gewerke, die die Dachfläche begehen, sollte der Zustand der Mineralwolldämmung unter einlagigen Kunststoffbahnen anhand der Verformung der Abdichtungsoberfläche bei üblicher Belastung (Begehung) dokumentiert werden. Eine einfache Möglichkeit ist die Dokumentation der Einsinktiefe des Fußes einer Person mit üblichem Gewicht. Bei einer gemeinsamen Begehung mit Bauleitung, Bauwerksabdichter und Nachfolgegewerk (Lüftung, Klima, Begrünung, Solar etc.) sollten die Einsinkstellen markiert werden. Diese sollten kartiert werden und mit einem reproduzierbaren Messsystem das Maß der Verformung dokumentiert werden. Nach Fertigstellung der Arbeiten kann überprüft werden, ob und inwieweit sich die Verformung vergrößert hat. Damit besteht die Möglichkeit, eventuell später auftretende Veränderungen der Druckbelastbarkeit genauer zu quantifizieren und dem Verursacher besser zuordnen zu können.